Die Namib Wüste blüht
Da sitze ich jetzt und versuche, zu beschreiben, was so toll daran ist, wenn es regnet.
Die Namibier nämlich, reisst es voll vom Hocker, wenn es irgendwo regnet, auch wenn es nur ein paar Tropfen sind.
Und wenn dann auch noch etwas blüht und wächst schwelgen alle in Verzückung.
Vielleicht muss man ein paar Jahre Dürre erlebt haben.
Dieses Bangen, ob er denn nun kommt der Regen.
Die Unsicherheit, ob die Wasserspeicher noch ausreichend Trinkwasser haben.
Vielleicht muss man erlebt haben, wie das Land immer trockener wird, wie die Pflanzen verdorren, die Wildtiere weniger und die Rinder dürrer werden.
Namibia ist ein Wüstenland und die Namib Wüste ist eine der Trockensten der Erde. Das Leben hat sich in Jahrmillionen diesen extremen Bedingungen angepasst.
Aber in manchen Jahren verändert Regen die Wüste.
Und diese Veränderung ist spektakulär! Auch für Leute, die im grünen Mitteleuropa leben.
In diesem Artikel erfahren Sie, was Sie in Namibia erleben können, wenn in der Namib Wüste ein paar Regentropfen gefallen sind.
Guter Regen wo seit Jahren kein Tropfen gefallen ist
Die Überschrift ist eigentlich nicht ganz richtig.
Vollständig richtig wäre „Die Namib Wüste blüht und grünt, dort wo es geregnet hat.“
Denn Regen in der Namib ist sehr sporadisch.
Die Namib Wüste erstreckt sich über die gesamte Küste Namibias (ca 1500 km), und ist etwa 100 km breit.
Im Westen, direkt an der Küste regnet es so gut wie nie. Aber auch auch am östlichen Rand der Namib ist die durchschnittliche Regenmenge kaum mehr als fünf Klospülungen (ca 80 mm/ m2) pro Jahr.
Es kann sein, dass es 5 Jahre gar nicht regnet. Oder mehr.
Und dann werden plötzlich die fünf Klospülungen innerhalb von einer Stunde über dem ausgedörrten Boden ausgeleert. Dann entstehen Fluten in der Wüste.
Mehr dazu erfahren Sie unter „Alles Wichtige über Klima, Wetter und die beste Reisezeit in Namibia“.
Das Inland Namibias ist zwar aride, aber es ist keine Wüste. Dass Regen die Landschaft verändert, ist dort nicht aussergewöhnlich.
In der Namib Wüste aber schon.
Und dieses Jahr haben auch Teile der Namib Wüste schon Regen bekommen – an Stellen, wo seit 10 Jahren oder mehr kein Regenwasser die Erde berührt hat.
Und dann geht es schnell.
Die Wüste grünt und fängt an zu blühen!
Auf der Suche nach dem ersten Grün
Wir haben uns auf die Suche nach dem ersten Grün gemacht.
Aber nicht am Sossusvlei, davon gibt es ja schon sehr viele Bilder und Berichte. Zum Beispiel hier in der namibischen Zeitung Informante.
Wir haben in weniger berühmten Teilen der Namib nachgeschaut.
Wir mussten zwar ein wenig suchen, um grüne Stellen zu finden. Aber dort wo es grünt, ist die Veränderung schnell und offensichtlich.
Am Fusse der Dünen südlich von Walvis Bay zeigt sich hier der erste grüne Flaum. Kurz zuvor bedeckte hier nur Sand eine leblos wirkende Geröllfläche.
Aber ein paar Tropfen mit dem Lebenselexier Wasser und die im Boden ausharrenden Samen keimen.
Diese Flächen haben zum letzten Mal vor 10 Jahren soviel Regen bekommen, dass Gras spriessen konnte.
Solange dort Gras stand, konnte man sicher sein, dort auch Wildtiere zu finden: Springböcke, Oryxe, Strausse, Zebras und sogar Kuhantilopen.
Aber dann regnete es jahrelang nicht mehr.
Der Boden dörrte aus.
Zunächst sahen wir dort weniger Wildtiere, dann mehr Kadaver und viele Geier. Ein Fest für Geier!
Aber dann verschwanden auch die. Die verdörrte Fläche blieb übrig.
Und nun wächst wieder Gras.
Und die ersten Springböcke, Zebras und Erdhörnchen waren auch schon da!
Lilien in der Wüste
Die Knollen dieser Lilien haben Jahre im trockenen Boden überdauert. Nach einem Minimum an Niederschlag wächst und blüht die Lilie im Eiltempo, um Samen zu produzieren. Das Gras um sie herum braucht etwas länger.
Ungleich gegossener Rasen
Regen in der Namib Wüste ist extrem sporadisch.
Es kann sein, dass es an einer Stelle regnet, aber hundert Meter weiter fällt kein Tropfen. Manche Grasinseln entstehen nur, weil sich Bächlein bilden, die Wasser auch dorthin bringen, wo kein Tropfen gefallen ist.
Die ausgedörrten Grasflächen der Namib gleichen dann einem Rasen, den man sehr ungleich gegossen hat.
Reiseideen für Ihre Namibia Reise
Erleben Sie NamibiaEin stacheliges Gewächs gegen Hunger
Besonders spektakulär blühen dieses Jahr die Hoodias („Hudia“).
Diese Pflanze haben Sie vielleicht schon mal in Ihrem Drogeriemarkt oder der Apotheke gesehen.
Nicht die Pflanze natürlich, sondern Kapseln, die einen aus der Hoodia entwickelten Wirkstoff enthalten. Der soll den Appetit zügeln und daher schlank machen.
Als die San („Buschmänner“) noch hier jagten und sammelten, nutzten sie die Hoodia, um ihr Hungergefühl zu unterdrücken. Satt macht die Hoodia nicht. Aber angeblich half sie den San, den knurrenden Magen zu vergessen.
Aber es gibt keine belastbaren klinischen Studien, die beweisen würden, dass die Wirkstoffe der Hoodia wirklich helfen, Hunger zu unterdrücken.
Wenn es nicht geregnet hat, werden Sie die Hoodia wahrscheinlich komplett übersehen. Aber wenn sie blüht, ist sie ein Augenmagnet.
Die Hoodia ist übrigens streng geschützt.
Und gegen Hunger hilft in Namibia eh ein Bio-Wildsteak besser.
Der Morgenstern
An anderer Stelle bilden sich schnell Teppiche mit den Blüten des Morgensterns.
Fast jeder Namibier hat schon mal nähere, unangenehme Bekanntschaft mit dieser Pflanze gemacht.
Sie ist hübsch anzusehen und weit verbreitet. Da sie gut auf gestörten Flächen wächst, ist sie oft die erste Pflanze, die blüht und Samen wirft.
Und diese Samen sind berüchtigt.
Deswegen hat das Pflänzchen den martialischen Namen Morgenstern.
Die Samen haben nämlich fiese Widerhaken. Sie sehen wirklich fast aus wie das altertümliche Mordwerkzeug.
Wenn man barfuss darauf tritt, ist das ziemlich schmerzhaft.
Die Haken setzen sich auch gern an Schuhen, Kleidung, Fell, etc. fest, weil so verbreiten sie sich.
Vergängliche Flüsse
Der Kuiseb Fluss war mehrere Jahre trocken gewesen.
Aber nach dem guten Regen im Inland sammelten sich in den Bergen im Auffanggebiet des Kuiseb Wassermassen. Die stürzten vom Khomas Hochland hinunter in die Namib Wüste. Der sonst trockene Fluss war plötzlich auch an breiten Stellen über einen Meter tief!
Als wir ein paar Tage später auf die Suche nach dem ersten Grün gingen, waren vom reissenden Fluss nur noch Pfützen übrig.
Die Hoffnung auf mehr
Es sieht weiter vielversprechend aus.
Hier an der „Blutkuppe“ ist es zwar noch nicht grün, aber es bauen sich immer wieder massiv Wolkenfronten auf.
Es hat sogar ein wenig getröpfelt.
Die Wolkenformationen sorgen für Sonnenuntergänge mit phänomenaler Stimmung.
Wenn wir Glück haben, und es noch ein wenig weiter regnet, werden wir vielleicht auch bald wieder Springböcke auf blühenden Wiesen sehen.
Buchtipp
Zum Schluss noch ein Buchtipp: Wenn Sie das Buch „Wenn es Krieg gibt, gehen wir in die Wüste“ von Henno Martin lesen, bekommen Sie ein Gespür dafür, wie wertvoll Wasser und Regen für Wüstenbewohner sind und wie hart das Überleben hier ist.